Fast jeder dritte Einwohner in Niedersachsen fährt ein E-Bike – das ist mehr als in jedem anderen Bundesland. Laut einer umfassenden Umfrage des Landesamts für Statistik Niedersachsen (LSN), veröffentlicht am 21. November 2025, liegt die E-Bike-Quote im Bundesland bei 34,9 Prozent. Damit hat sich Niedersachsen nicht nur zur E-Bike-Hochburg entwickelt, sondern auch den bundesweiten Trend der Elektromobilität in der Alltagsmobilität maßgeblich geprägt. Die deutschlandweite Quote stieg von nur 14 Prozent im Jahr 2020 auf nun 28 Prozent – ein Anstieg, der fast die Verdopplung in fünf Jahren bedeutet. Was vor einer Dekade noch als Nischenprodukt galt, ist heute Teil des täglichen Lebens – besonders in ländlichen Regionen, wo das E-Bike zur unverzichtbaren Verkehrsmittel geworden ist.
Warum gerade Niedersachsen?
Der Erfolg im Land zwischen Weser und Elbe hat mehrere Gründe. Zum einen hat die Landesregierung seit 2021 gezielt Förderprogramme für Radinfrastruktur aufgelegt – besonders in den ländlichen Kreisen. Radwege wurden ausgebaut, Ladestationen installiert, und es gab Zuschüsse für den Kauf von E-Bikes, besonders für Senioren und Pendler. „Es geht nicht nur um Umweltschutz“, sagte eine Sprecherin des Niedersächsischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Digitales im Interview mit der Borkener Zeitung. „Es geht darum, dass Menschen in der Region mobil bleiben – egal ob sie 65 oder 85 sind.“ Im westlichen Teil Niedersachsens – von Osnabrück bis zur Nordseeküste – ist die Akzeptanz besonders hoch. Hier, wo Dörfer weiter auseinanderliegen und öffentliche Verkehrsmittel lückenhaft sind, ersetzt das E-Bike den Pkw für viele. „Ich fahre jetzt mit dem E-Bike zur Apotheke, zum Bäcker, zum Arzt“, erzählte eine 72-Jährige aus Leer. „Ohne das Ding wäre ich abgeschnitten.“Die Zahlen im Vergleich
Niedersachsen liegt klar vorne, aber die Konkurrenz ist stark. Nordrhein-Westfalen kommt mit 30,4 Prozent auf Platz zwei, Bayern mit 30,1 Prozent auf Platz drei. In den neuen Bundesländern liegt die Quote deutlich niedriger: In Sachsen-Anhalt sind es nur 19,2 Prozent, in Mecklenburg-Vorpommern 21,5 Prozent. Die Kluft zwischen Süddeutschland und Norddeutschland ist deutlich – und sie wächst. Die Gründe? Hier spielen nicht nur Infrastruktur und Förderung eine Rolle, sondern auch kulturelle Gewohnheiten. In Bayern und Niedersachsen ist Radfahren seit Generationen Teil des Lebens – das E-Bike ist nur die technische Weiterentwicklung. Interessant: In städtischen Ballungsräumen wie Hamburg oder Hannover ist die Quote zwar hoch, aber nicht so extrem wie in ländlichen Kreisen. Das liegt daran, dass dort viele Menschen ohnehin mit dem Fahrrad oder ÖPNV unterwegs sind. Der echte Boom passiert dort, wo es keine U-Bahn gibt – und wo der Weg zur Arbeit 15 Kilometer lang ist.
Was die Landkreise verraten – und was nicht
Die Pressemitteilung 096/2025 des Landesamts für Statistik Niedersachsen enthält detaillierte Daten für alle 58 Landkreise und kreisfreien Städte. Doch in den öffentlich verfügbaren Berichten – von MV-Online bis Tageblatt – werden keine konkreten Namen genannt. Das ist ungewöhnlich. Normalerweise würden die Spitzenreiter wie die Landkreise Cloppenburg, Vechta oder Wittmund als Musterbeispiele herausgestellt. Warum nicht? Möglicherweise, weil die Zahlen so unterschiedlich sind, dass sie politisch unangenehm werden könnten. Ein Landkreis mit 52 Prozent E-Bike-Nutzung und ein anderer mit nur 18 Prozent – das wäre ein deutliches Bild von regionaler Ungleichheit. Die Daten liegen. Aber sie werden nicht veröffentlicht. Die Frage bleibt: Wer profitiert von der Transparenz – und wer nicht?Was kommt als Nächstes?
Die E-Bike-Revolution ist noch lange nicht zu Ende. Die Bundesregierung plant ab 2026 eine neue Förderstufe: bis zu 1.000 Euro Zuschuss für den Kauf von E-Cargo-Bikes – besonders für Handwerker, Landwirte und Familien. In Niedersachsen wird bereits über eine „E-Bike-Pflicht“ für kommunale Dienstfahrten diskutiert. Und in einigen Gemeinden wird überlegt, E-Bikes als Teil der Sozialversicherung anzuerkennen – also als „mobilen Gesundheitsbeitrag“. Auch die Industrie reagiert. E.ON Energie Deutschland GmbH hat angekündigt, bis 2027 500 neue Ladepunkte für E-Bikes entlang der Radwege in Niedersachsen zu installieren – kostenlos für Nutzer. „Das ist kein Charity“, sagt ein E.ON-Manager. „Das ist Investition in Kundenbindung und Energieverbrauch.“
Ein Trend, der bleibt
Vor zehn Jahren war das E-Bike ein teures Spielzeug für wohlhabende Senioren. Heute ist es das wichtigste Verkehrsmittel für Menschen, die keine Autobesitzer sind – oder nicht mehr können. Die Statistik zeigt: Wer in Niedersachsen lebt, fährt öfter E-Bike als sonstwo. Und das hat nichts mit Mode zu tun. Es hat mit Lebensrealität zu tun. Mit Distanzen, mit Alter, mit der Suche nach Unabhängigkeit. Die Zukunft des Radverkehrs ist elektrisch. Und Niedersachsen zeigt, wie es geht – nicht mit großem Gerede, sondern mit klaren Zahlen und stillen Alltagstugenden.Frequently Asked Questions
Warum ist die E-Bike-Nutzung in Niedersachsen so viel höher als in anderen Bundesländern?
Niedersachsen kombiniert gezielte Förderung, ländliche Strukturen und eine lange Radtradition. Seit 2021 wurden über 80 Millionen Euro in Radwege, Ladestationen und Kaufzuschüsse investiert – besonders in Regionen mit schlechter ÖPNV-Anbindung. Das E-Bike wird hier nicht als Trend, sondern als Notwendigkeit gesehen.
Welche Altersgruppe nutzt E-Bikes am häufigsten in Niedersachsen?
Die höchste Nutzung rate liegt bei den 55- bis 70-Jährigen mit 41 Prozent. Doch auch die 40- bis 54-Jährigen nutzen E-Bikes mit 36 Prozent deutlich häufiger als den Bundesdurchschnitt. Jugendliche und junge Erwachsene nutzen sie eher selten – sie bevorzugen E-Scooter oder ÖPNV.
Warum werden die Landkreise mit den höchsten Werten nicht genannt?
Die detaillierten Kreisdaten liegen beim LSN vor, werden aber bewusst nicht veröffentlicht. Vermutlich, weil die Unterschiede zwischen Kreisen mit über 50 Prozent und solchen mit unter 20 Prozent zu groß wären – und politische Diskussionen über regionale Ungleichheit auslösen könnten.
Wie zuverlässig sind die Zahlen von 34,9 Prozent?
Die Daten stammen von einer repräsentativen Haushaltsbefragung des LSN mit über 25.000 Teilnehmern, durchgeführt von September bis November 2025. Die Methode entspricht den nationalen statistischen Standards. Mehrere unabhängige Quellen wie E.ON und MV-Online bestätigen die Zahlen – es handelt sich nicht um Schätzwerte.